Die Verteilung der unterschiedlichen Berufe auf Männer und Frauen ist seit jeher ein heiß diskutiertes Thema. Nicht nur in der Politik, zu Hause oder am Stammtisch wird viel über das Thema „Frauenquote“ diskutiert. Um mit gefährlichem Halbwissen aufzuräumen, haben wir recherchiert und Daten von der Bundesagentur für Arbeit ausgewertet (Stand 06/2023).
In Deutschland zeigt die Verteilung von Frauen und Männern in verschiedenen Berufsgruppen deutliche Unterschiede, die oft auf soziale, kulturelle und wirtschaftliche Faktoren zurückzuführen sind. Die Analyse basiert auf Daten der Bundesagentur für Arbeit und umfasst sowohl sozialversicherungspflichtig Beschäftigte als auch geringfügig Beschäftigte.
Berufsgruppen mit einem hohen Frauenanteil
Einige Berufsgruppen weisen einen signifikant höheren Frauenanteil auf. Besonders in sozialen, pflegerischen und erzieherischen Berufen dominieren Frauen:
- Erziehung, soziale, hauswirtschaftliche Berufe und Theologie
- Frauenanteil: 83,6 %
- Männeranteil: 16,4 %
- Medizinische Gesundheitsberufe
- Frauenanteil: 80,9 %
- Männeranteil: 19,1 %
- Nichtmedizinische Gesundheitsberufe, Körperpflege, Wellness und Medizintechnik
- Frauenanteil: 77,5 %
- Männeranteil: 22,5 %
- Reinigungsberufe
- Frauenanteil: 74,9 %
- Männeranteil: 25,1 %
Die Konzentration von Frauen in bestimmten Berufen lässt sich durch eine Kombination aus sozialen, kulturellen, wirtschaftlichen und historischen Faktoren erklären. Hier sind einige der wichtigsten Gründe:
Historisch wurden Frauen oft mit Berufen assoziiert, die als „Verlängerung“ ihrer traditionellen Rolle in der Familie gesehen wurden, wie Pflege, Erziehung und hauswirtschaftliche Tätigkeiten. Diese Tätigkeiten wurden als natürlich für Frauen angesehen, was die berufliche Segregation verstärkte.
Schon früh in der Kindheit werden Mädchen und Jungen unterschiedlich sozialisiert. Mädchen werden häufig dazu ermutigt, fürsorgliche und soziale Fähigkeiten zu entwickeln, während Jungen in Richtung Technik, Wissenschaft und Führungskompetenzen gefördert werden. Solche Stereotype beeinflussen die spätere Berufswahl.
Berufe mit einem hohen Frauenanteil zeichnen sich oft durch flexible Arbeitszeiten, Teilzeitmöglichkeiten und weniger physische Anforderungen aus. Diese Bedingungen werden häufig mit den Bedürfnissen von Frauen in Einklang gebracht, insbesondere wenn sie Familie und Beruf vereinen wollen.
Viele Berufe mit einem hohen Frauenanteil, wie in der Pflege oder Erziehung, sind tendenziell schlechter bezahlt und genießen weniger gesellschaftliches Prestige. Historisch wurden solche Berufe oft als „Erweiterung der Hausarbeit“ angesehen und daher finanziell und gesellschaftlich weniger wertgeschätzt. Diese Faktoren führen dazu, dass sie weiterhin von Frauen dominiert werden, während Männer oft Berufe mit höherem Einkommen und Status anstreben.
Berufsgruppen mit einem hohen Frauenanteil ziehen oft automatisch mehr Frauen an, da sie dort mehr Vorbilder und Unterstützung finden. Dies verstärkt die Konzentration von Frauen in diesen Berufen.Frauen stoßen in bestimmten Branchen wie Technik, IT oder Ingenieurwesen häufig auf strukturelle Barrieren und Diskriminierung, wodurch diese Bereiche für sie weniger attraktiv werden. Dies führt dazu, dass Frauen sich verstärkt auf Berufsfelder konzentrieren, in denen sie weniger Hürden erfahren.
In vielen Kulturen wird von Frauen erwartet, dass sie eher in sozialen und zwischenmenschlichen Berufen arbeiten, während von Männern erwartet wird, dass sie in technischen und handwerklichen Bereichen tätig sind. Diese gesellschaftlichen Normen beeinflussen Berufswahlentscheidungen oft unbewusst.
Die Gründe für die hohe Konzentration von Frauen in bestimmten Berufsfeldern sind vielschichtig und tief in kulturellen, sozialen und wirtschaftlichen Strukturen verwurzelt. Um diese Muster zu durchbrechen, sind Maßnahmen wie eine geschlechterneutrale Berufsorientierung, mehr Vorbilder in männerdominierten Berufen und eine bessere Vergütung in frauenorientierten Berufen notwendig.
Berufsgruppen mit ausgewogener Verteilung
Einige Berufsfelder haben eine relativ ausgeglichene Geschlechterverteilung:
- Lehrende und ausbildende Berufe
- Frauenanteil: 55,8 %
- Männeranteil: 44,2 %
- Berufe in Unternehmensführung und -organisation (Büro)
- Frauenanteil: 52,1 %
- Männeranteil: 47,9 %
Berufsgruppen mit einem hohen Männeranteil
In technischen und handwerklichen Berufen sowie in der IT-Branche ist der Männeranteil signifikant höher:
- Mechatronik-, Energie- und Elektroberufe
- Frauenanteil: 10,4 %
- Männeranteil: 89,6 %
- Maschinen- und Fahrzeugtechnikberufe
- Frauenanteil: 9,9 %
- Männeranteil: 90,1 %
- Hoch- und Tiefbauberufe
- Frauenanteil: 2,1 %
- Männeranteil: 97,9 %
- FührerInnen von Fahrzeug- und Transportgeräten
- Frauenanteil: 7,7 %
- Männeranteil: 92,3 %
Der hohe Männeranteil in vielen Berufsgruppen hat ebenfalls tief verwurzelte soziale, kulturelle und strukturelle Ursachen. Hier sind die wichtigsten Gründe:
Historisch wurden Männer mit Berufen assoziiert, die körperliche Stärke, technisches Wissen oder Führungsqualitäten erforderten. Diese Eigenschaften galten als typisch männlich, was dazu führte, dass Männer verstärkt in diesen Bereichen tätig wurden, während Frauen andere Berufsfelder besetzten.
Jungen werden oft dazu ermutigt, sich mit Technik, Naturwissenschaften und praktischen Tätigkeiten zu beschäftigen, während Mädchen stärker in soziale und kommunikative Richtungen gefördert werden. Diese frühkindliche Prägung beeinflusst die spätere Berufswahl nachhaltig.
Berufe in Bereichen wie Bauwesen, Metallverarbeitung oder Fahrzeugtechnik stellen oft hohe körperliche Anforderungen. Diese Tätigkeiten wurden historisch als für Männer geeigneter angesehen, was zu einer überwiegenden männlichen Präsenz führte.
Berufe mit hohem Männeranteil, wie in der Logistik, Fahrzeugführung oder im Handwerk, erfordern oft lange, unregelmäßige Arbeitszeiten und hohe Mobilität. Diese Faktoren sind für Männer eher umsetzbar, da Frauen aufgrund gesellschaftlicher Rollen häufiger die Hauptverantwortung für Familie und Haushalt übernehmen. Viele Berufe mit einem hohen Männeranteil sind besser bezahlt und genießen gesellschaftlich ein höheres Prestige, wie Ingenieurwesen, IT oder Führungstätigkeiten. Männer wurden historisch darauf geprägt, finanzielle Sicherheit und Karriere als zentralen Teil ihrer Identität anzusehen, was sie in solche Berufsfelder lenkte.
In männlich dominierten Branchen wie der Informatik oder Technik herrschen oft stereotype Vorstellungen, dass diese Berufe besondere technische oder mathematische Fähigkeiten erfordern, die eher Männern zugeschrieben werden. Diese Stereotype können Frauen davon abhalten, in diese Bereiche einzusteigen. Männer finden in Berufen mit hohem Männeranteil mehr Vorbilder und Netzwerke, die ihnen den Einstieg erleichtern. Fehlen weibliche Vorbilder in diesen Berufen, werden Frauen seltener motiviert, diese Karrierewege einzuschlagen.
Frauen stoßen in männerdominierten Berufsfeldern oft auf strukturelle Barrieren, wie eine männlich geprägte Unternehmenskultur, fehlende Gleichstellungspolitik oder gar Diskriminierung. Diese Faktoren schrecken Frauen ab, in diese Berufe einzusteigen oder dort langfristig tätig zu bleiben. Viele technische und handwerkliche Berufe haben ihre Wurzeln in militärischen oder industriellen Strukturen, die historisch stark männlich geprägt waren. Diese Tradition hat dazu geführt, dass Männer weiterhin in diesen Bereichen dominieren.
Der hohe Männeranteil in bestimmten Berufen ist das Ergebnis einer Mischung aus gesellschaftlichen Erwartungen, wirtschaftlichen Strukturen und historischen Entwicklungen. Um diese Ungleichheit abzubauen, sind systematische Veränderungen notwendig, wie geschlechterneutrale Berufsorientierung, mehr Diversität in der Arbeitskultur und gezielte Förderung von Frauen in diesen Bereichen.
Fazit
Die geschlechtsspezifische Verteilung in deutschen Berufsgruppen reflektiert nach wie vor traditionelle Rollenmuster und Strukturen auf dem Arbeitsmarkt. Berufe in der Pflege und Erziehung werden hauptsächlich von Frauen dominiert, während Männer in technischen und handwerklichen Bereichen überwiegen. Dies deutet auf die Notwendigkeit hin, Berufsorientierung, Arbeitsmarktpolitik und betriebliche Maßnahmen weiter zu diversifizieren, um eine geschlechtergerechtere Verteilung in allen Berufsfeldern zu erreichen.
Die Daten bieten einen wichtigen Einblick, um gezielte Maßnahmen zur Förderung von Diversität und Gleichberechtigung auf dem Arbeitsmarkt zu entwickeln.
Infografik & Statistik der Verteilung

Quelle der Daten: Bundesagentur für Arbeit
Erhebung ist erfolgt durch: Bundesagentur für Arbeit
Veröffentlicht durch: Bundesagentur für Arbeit
Herkunftsverweis: Beschäftigte nach Berufen (KldB 2010), Reiter 1-1.2 +3-3.2
Veröffentlichungsdatum der Daten Januar 2024